Neuorganisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit
Mit 1.1.2014 wurde die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich umfassend durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 reformiert. Diese schafft generell den administrativen Instanzenzug ab (mit Ausnahme bei Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden) und etabliert eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit. In jedem Bundesland besteht nun als erste Instanz ein eigenes Landesverwaltungsgericht, daneben gibt es in Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung das Bundesverwaltungsgericht sowie das Bundesfinanzgericht. Es wird daher nicht mehr möglich sein, Berufung von einer Verwaltungsbehörde an eine andere Verwaltungsbehörde zu erheben, sondern statt dessen besteht als neues Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Verwaltungsbehörden die Beschwerde an ein Verwaltungsgericht. Die Zweigliedrigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch die Möglichkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte gewährleistet, diese ist allerdings nur bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zulässig. Außerdem können Entscheidungen der Verwaltungsgerichte beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Die Verwaltungsgerichte sind mit voller Kognitionsbefugnis ausgestattet, das heißt, dass sie in der Sache selbst entscheiden können. Im Fall von Bescheidbeschwerden können sie dies nur dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist, im Fall von Verwaltungsstrafsachen hingegen immer. Die bisher bestehende Berufungsfrist von zwei Wochen wird nunmehr zu einer Beschwerdefrist von vier Wochen. Im Falle qualifizierter Säumnis der erstinstanzlichen Behörden bekommen diese erstinstanzlichen Behörden nunmehr eine zweite Chance. Sie haben anlässlich einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht binnen drei Monaten die Möglichkeit, die Entscheidung nachzuholen. Danach geht die Zuständigkeit auf die Verwaltungsgerichte über.
Für die Windkraftbranche bedeutet die Reform im Wesentlichen:
** UVP-Verfahren: Neues Rechtsmittel gegen alle Entscheidungen nach dem UVP-Gesetz ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Umweltsenat wurde aufgehoben, seine Kompetenzen gingen auf das Bundesverwaltungsgericht u?ber (BGBl. I Nr. 51/2012, Art). Neu ist, dass im Feststellungsverfahren die Möglichkeit, Beschwerde gegen das Bundesverwaltungsgericht einzubringen, nicht mehr der Parteistellung immanent ist, sondern einer ausdrücklichen Zuerkennung bedarf. Die Verfahrensbestimmungen der von der Behörde im UVP-Verfahren anzuwendenden Gesetze sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden. ** Einzelverfahren: Wo keine UVP-Pflicht besteht und die Anlagen daher in Einzelverfahren nach den Elektrizitätsgesetzen, Naturschutzgesetzen, Raumordnungsgesetzen, etc. bewilligt werden: in der Regel gibt es als Rechtsmittel hier die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Im Elektrizitätswesen gibt es daher nicht mehr das Rechtsmittel der Devolution nach Art 12 Abs 3 B-VG. ** Energie Control Austria: Sämtliche Bescheide von Vorstand und Regulierungskommission der Energie Control sind direkt beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten (mittels Beschwerde). Bei Entscheidungen der Regulierungskommission in Zusammenhang mit der Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Netzbetreibern und Netzzugangsberechtigten über die aus dem Zugangsverhältnis entspringenden Verpflichtungen sind jedoch die ordentlichen Gerichte zuständig (vgl. § 12 Abs 4 E-ControlG).
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